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Für uns gab es gegen die Schachfreunde Stuttgart im Auswärtsspiel nur eine Devise - wir mussten unbedingt gewinnen, um die Chance auf den Klassenerhalt zu wahren. Aber auch für unseren Gegner ging es um Alles oder Nichts; die hatten bisher gegen die ersten fünf der Tabelle teilweise deutlich verloren, treffen aber in den verbleibenden Runden noch auf die unmittelbaren Konkurrenten um den Klassenerhalt und das machte sich auch in der Stuttgarter Aufstellung bemerkbar. Zwar fehlten wie erwartet die ersten 3 Bretter, doch ab Brett 4 trat der Gastgeber komplett an und war damit praktisch in Bestbesetzung. Mit einer Durchschnittszahl von deutlich über 2300 gingen sie gegen uns von der Papierform her gesehen sogar favorisiert an die Bretter.

Aus der Eröffnung heraus sah es für uns zunächst einmal gar nicht so gut aus, denn sowohl Thomas (Brett 5) als auch Katja (Brett 6) standen unter Druck. Katja`s Dame geriet irgendwie auf Abwege, nachdem sie in der skandinavischen Eröffnung den Rückzug nach d8 nicht mehr fand. In höchster Not musste eine Figur gegen zwei Bauern geopfert werden, allerdings schien mir die Kompensation auf keinen Fall ausreichend zu sein. Dann stellte Uli (Brett 7) in schöner Position einen wichtigen Bauern ein, was nicht nur Material kostete, sondern den schlechten gegnerischen Läufer zusätzlich zum Leben erweckte. Gut sah es dagegen bei mir (Brett 8) aus. Nach ein paar krummen Zügen in der Eröffnung musste mein Gegner schon in die Trickkiste greifen, um größere Nachteile zu vermeiden. Ich lehnte sogar ein Figurenopfer ab, da ich meine Stellung für so stark einschätzte, dass ich die damit verbundenen Gegenchancen nicht riskieren wollte. Und wie sah es an den vorderen 4 Bretter aus?

Hier machten mir bei meinem ersten ausgedehnten Rundgang die Stellungen wieder etwas Mut. Ronald (Brett 3) und Edwin (Brett 4) hatten ihre elostarken Gegner sicher in Griff und unsere Großmeister Alexei (Brett 1) und Marek (Brett 2) zeigten sich kampfeslustig - hier hatte ich gute Hoffnungen auf ein erfolgreiches Abschneiden. Daher riet ich auch Edwin, ein Remisangebot anzunehmen. Vielleicht hätte er objektiv betrachtet weiterspielen sollen, denn laut Einschätzung von Alexei hatte er deutlichen Endspielvorteil. Ich sah uns aber knapp vorne und so wurde das erste Remis eingefahren.

Ich konnte mich wieder meiner Partie widmen, denn mein Gegner fand nach langem und intensivem Nachdenken und im Bemühen um Ausgleich eine interessante Verteidigung, auf die ich ungenau reagierte. Mein Vorteil war plötzlich dahin und ich musste sogar um den Ausgleich kämpfen. So war ich mehr mit meiner Partie beschäftigt als mit dem Wettkampf. Irgendwann fand ich wieder Gelegenheit zu einem zweiten Rundgang und da musste ich Erstaunliches feststellen. Katja hatte einen ganzen Turm erobert; wie und warum das passierte - keine Ahnung. Alexei und Marek befanden sich im Endspiel, beide mit Mehrbauer, der dann auch entschied. Und auch Thomas hatte sich mit akkuratem Spiel aus der etwas kritischen Position befreit und konnte ein weiteres Remis vermelden. Bei Ronald war nach wie vor kein Durchkommen für seinen Gegner zu erkennen und so lagen wir plötzlich wieder voll auf Kurs.Katja sorgte dann schnell für die 2–1 Führung, die durch Marek und Alexei zum 4-1 ausgebaut wurde. Mit dem Remis durch Ronald, das für mich so sicher wie das Amen in der Kirche feststand, konnte ich mich wieder meiner Partie widmen. In der Zeitnotphase fand ich einen Weg, in ein vorteilhaftes Endspiel abzuwickeln und damit waren die Würfel endgültig für uns gefallen. Uli musste nach heftiger, aber vergeblicher Gegenwehr den Anschlusspunkt für Stuttgart zwar zulassen, doch praktisch gleichzeitig konnte Ronald den Sack endgültig zumachen. Nachdem ich mir nach und nach ein gewonnenes Endspiel erarbeitet hatte, ließ die Konzentration aufgrund des feststehenden Mannschaftssieges gewaltig nach. Ohne Not - weder zeitmäßig noch positionell - stellte ich in einem Endspiel starker Springer gegen schwachen Läufer den Springer einzügig ein und hatte dann auch noch Glück, dass ich den letzten verbliebenen Bauern meines Gegners abholen konnte.

Ich war für kurze Zeit sehr enttäuscht, doch das legte sich wieder, als ich das Endergebnis von 5-3 für uns unterschreiben durfte. Die Hoffnung, doch noch die Klasse in der 2. Bundesliga halten zu können jedenfalls erhielt durch den Sieg neue Nahrung und uns gings beim Koreaner ebenso. Den asiatischen Siegesschmaus liessen wir uns abschließend so richtig schmecken.

 

... und so sahen es die Stuttgarter Schachfreunde

 

      DWZ ELO       DWZ ELO
Brett   Stuttgarter SF I
2276 2323 3 - 5
  SK Krumbach I
 2244 2277
1 4 IM Volke Karsten 2392 2417 0 - 1 1 GM Barsov Alexei 2457 2511
2 5 IM Berezovsky Igor 2430 2441 0 - 1 2 GM Vokac Marek 2447 2466
3 6 FM Strunski Andreas 2310 2394 ½ - ½ 3 Kempter Ronald 2233 2287
4 7 FM Lorscheid Gerhard 2313 2335 ½ - ½ 4 Riefner Edwin 2216 2248
5 8 FM Mäurer Christoph 2239 2310 ½ - ½ 5 FM Egger Thomas 2156 2216
6 9 Frisch Rolf 2213 2242 0 - 1 6 Jussupow Ekatarina 2191 2179
7 11 Naumann Axel 2189 2258 1 - 0 7 Link Dr. Ulrich 2134 2128
8 12 FM Gabriel Robert 2123 2187 ½ - ½ 8 Traßl Franz 2115 2182